Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Ulm Alb-Donau und Neu-Ulm

Aktion gegen das Radfahren auf den Gehwegen in Neu-Ulm

Aktuell läuft in Neu-Ulm eine Aktion gegen Radfahren auf Gehwegen. Der ADFC unterstützt das Anliegen zwar, beteiligt sich aber nicht, denn er plädiert stattdessen für systemische Verbesserungen und mehr Sicherheit für den Radverkehr.

Aktion gegen das Radfahren auf dem Gehweg: Warum der ADFC Neu-Ulm nicht teilnimmt

Der kommunale Ordnungsdienst, die Straßenverkehrsbehörde und der Radverkehrsbeauftragte der Stadt Neu-Ulm führten am Donnerstag, 26. Juni 2025 zusammen mit der Polizeiinspektion Neu-Ulm an der Augsburger Straße zwischen Petrusplatz und Maximilianstraße eine Aktion gegen das Radfahren auf Gehwegen durch – mit Bodenmarkierungen und Aufklärungsgesprächen. Auch der ADFC Neu-Ulm war zur Teilnahme eingeladen. Obwohl wir das Ziel - mehr Sicherheit für zu Fuß Gehende - ausdrücklich teilen, haben wir uns entschieden, an dieser Aktion nicht mitzuwirken.

Unser Anliegen: Verkehrssicherheit für alle – aber mit System

Der Schutz der Schwachen und Schwächsten im Verkehr ist auch uns ein zentrales Anliegen. Gleichzeitig fordern wir, dass Maßnahmen zur Verkehrssicherheit nicht einseitig zu Lasten einzelner Gruppen gehen. Informationskampagnen wie diese richten sich fast ausschließlich an den Radverkehr. Immer wieder wird Rücksicht von den Radfahrenden gefordert – doch es fehlt nach wie vor an Kampagnen, die ebenso deutlich Rücksicht für den Radverkehr verlangen. Das ist nicht die gegenseitige Rücksichtnahme, die in §1 StVO festgeschrieben ist. Dabei ist der Radverkehr selbst häufig gefährdet und benachteiligt – etwa durch Falschparker, fehlende Infrastruktur oder gefährliche Überholmanöver. 


Trend im Fahrradklimatest eindeutig - leider

Im bundesweit durchgeführten Fahrradklima-Test 2024 schneidet Neu-Ulm nur mit ausreichend (Schulnote 3,9) ab – eine ernüchternde Bilanz. Auch die Entwicklung ist enttäuschend: In vielen Kategorien hat sich die Stadt im Vergleich zu 2022 sogar verschlechtert. Besonders häufig kritisieren die Befragten die unklare oder fehlende Radwegführung an Baustellen, vermeidbare Konflikte mit dem Fuß- und KFZ-Verkehr, sowie Hindernisse, die zügiges Fahren verhindern. Auch die schlechte Erreichbarkeit des Stadtzentrums für Radfahrende wird bemängelt. Diese strukturellen Mängel lassen sich nicht durch Appelle oder Plakatkampagnen beheben – es braucht eine konsequente, durchdachte Radverkehrsplanung, die Sicherheit und Verlässlichkeit schafft.


Das Problem sitzt tiefer: Symptombekämpfung statt Ursachenanalyse

Die geplante Aktion zielt vor allem auf das Verhalten einzelner Radfahrende ab, ohne die tiefer liegenden Gründe zu thematisieren. Es gibt drei zentrale Ursachen für das regelwidrige Ausweichen auf den Gehweg, welche in Neu-Ulm auch durch die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests bestätigt werden:

1. Unklarheit über die geltenden Verkehrsregeln,

2. subjektives Sicherheitsbedürfnis, (Zwei Drittel der Befragten des Fahrradklima-Tests fühlt sich auf dem Rad in Neu-Ulm nicht sicher.)

3. inkonsistente Radverkehrsführung, die mehr verwirrt als leitet.

Gerade die dritte Ursache zeigt sich in Neu-Ulm an vielen Stellen. Das Radwegnetz gleicht einem Flickwerk: Mal fährt man auf einem Schutzstreifen, dann auf dem Gehweg, dann ganz ohne Führung im fließenden Autoverkehr. Die Wege wechseln abrupt. Beschilderungen sind widersprüchlich oder kaum sichtbar. Es fehlt an einem durchgehenden, intuitiven Konzept – und das führt zwangsläufig zu Unsicherheiten und Fehlverhalten.


Sicherheit schafft man nicht durch Appelle allein

Aufklärung ist wichtig, aber reine Appelle und Plakate verändern Verhalten nur begrenzt. Wir begrüßen daher die Sharrow-Markierungen (Piktogram) auf der Fahrbahn als ein Zeichen dafür, dass Radfahrende dort hingehören, wo sie laut StVO auch fahren sollen: auf der Fahrbahn. Auch der Slogan „Des isch koi Radweg“ auf dem Gehweg trägt zur Aufklärung bei. Wir nehmen das mit einem gewissen Augenzwinkern zur Kenntnis und fragen: Wo bleibt die „Des isch koi Parkplatz“ Aktion auf Geh- und Radwegen?

Darüber hinaus schlagen wir für besonders enge Abschnitte, wie jenen in der Augsburger Straße, die Anbringung des Verkehrszeichens 277.1, welches das Überholen einspuriger Fahrzeuge verbietet, vor, um das Sicherheitsgefühl im Mischverkehr zu verbessern. Entscheidend ist, dass solche Maßnahmen auch durch Kontrollen abgesichert werden. 

Fazit: Wir fordern ein Umdenken

Der ADFC wird sich weiterhin konstruktiv für die Verkehrswende und mehr Sicherheit für alle einsetzen – mit einem Fokus auf strukturelle Lösungen. Dazu gehören ein lückenloses, verständliches Radwegenetz, eine konsequente Beschilderung, Schutz vor Falschparkern – und eine öffentliche Kommunikation, die nicht einseitig Radfahrende ins Visier nimmt.

Wir hoffen, dass zukünftige Aktionen ganzheitlicher gestaltet werden – und dass dabei die Sicherheit und Sichtbarkeit des Radverkehrs genauso ernst genommen wird, wie die berechtigten Anliegen des Fußverkehrs.

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https://ulm.adfc.de/neuigkeit/aktion-gegen-das-radfahren-auf-dem-gehweg-warum-der-adfc-nu-nicht-teilnimmt

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